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Zeitschrift BALANCE•  Freundschaft - ein Geschenk des Lebens

Heft 1/2017

Freundschaft - ein Geschenk des Lebens         Zusatztexte zum Heft

                                              

Auszug aus dem Artikel von Katharina Lücke:

Unsere Fragen an die Freundschaft


Wir alle scheinen zu wissen, was Freundschaft ist, aber wenn wir über sie nachdenken, entstehen viele Fragen. So wie wir diese beantworten, prägt die Freundschaft, unser Leben und die Gesellschaft.
Niemand möchte ohne Freunde leben. Diese Aussage stammt von Aristoteles und beweist, dass
Freundschaft schon immer eine zentrale Rolle spielte. Wie können wir sie definieren? Das ist gar
nicht so einfach, denn da schwingen viele Gefühle, Hoffnungen und Ängste mit. (….)
Wir entscheiden uns bewusst, einander Freunde zu sein. (…) Freundschaft ist frei von
verwirrenden Gefühlen und sexueller Anziehung. Wir haben Angst, den Freund zu verlieren und
allein zu sein. Und es gibt viele Fragen (...):
Wie viel Tugend und Wahrheit braucht oder verträgt die Freundschaft? Wie viel und was darf ein
Freund von mir verlangen? Wie viel und was darf er geben? Und wo bleibe letztlich ich? (…) Die
Antworten stehen in Relation zu dem Bild, das wir uns von der Freundschaft machen.
Ist sie in die Ethik eingebettet wie etwa in der Antike, so braucht Freundschaft Tugend und
Wahrheit, um überhaupt zu existieren. Sollte die Ehrlichkeit eine Freundschaft gefährden, dann
gab es die Freundschaft in Wahrheit nicht. Wieviel Freiheit muss ich gewähren, wenn mein Freund
offensichtlich in sein Verderben rennt? Kein Freund darf in diesem Konzept Unmoralisches
verlangen oder leisten. Beides ist mit Freundschaft nicht vereinbar.
Siedeln wir allerdings die Freundschaft rein in der privaten Sphäre an und nimmt darin die
Gefühlsebene einen immer größeren Raum ein, dann neigen wir zu allzu großer Parteilichkeit.
Alles wird schwierig und unlösbar wie die eigenen Probleme in unseren eigenen Augen. Dann
vergeben wir die Spiegelungschance der Freundschaft.(...)
Wir sind alle zu individuellen und freien Wesen geworden, aber in dieser neuen Rolle haben wir
auch viele Ängste. Daher müssen wir unser Ego schützen und mit allen möglichen Mitteln
verteidigen. Wir dürfen anderen nicht zu viel helfen, wir müssen Nein sagen lernen, wir müssen
unsere Entscheidungsfreiheit mit Zähnen und Klauen verteidigen, auch wenn wir dabei gegen eine
Wand rennen. (...)
Wir haben die Begriffe zerlegt und zerteilt in ihre Bestandteile und müssen sie nun auch wieder
zusammen fügen. Wir können auch nicht an einen bestimmten Punkt in der Geschichte
zurückgehen und dort neu anfangen. Aber wir können Fragen stellen und Antworten in Geschichte
und Gegenwart suchen, um eine neue Freundschaft für die Zukunft zu bauen.
Die Herausforderung unserer Zeit
Wir haben unsere Individualisierung und unsere Freiheit zum Preis einer moralischen und
politischen Orientierungslosigkeit erkauft. Das zeigt sich in der Privatisierung der Freundschaft und
deren Loslösung aus dem moralischen Rahmen. Wie gut täte uns heute der Zusammenschluss
von kulturell gefestigten Menschen in einer durch Gemeinsinn zusammengehaltenen
Wertegemeinschaft. John Ralws (1921 – 2002, amerikanischer Philosoph) schreibt der
Freundschaft die Fähigkeit zu, eine politisch gerechte Gesellschaft zu vereinen. (...)
Gerade unsere pluralistische Welt braucht wieder die politisch-kollektive Dimension der
Freundschaft. Sie führt uns zu zivilem Engagement in der Gesellschaft, zum selbstverpflichteten
Volunteering, zu Rücksichtnahme, Empathie, Großzügigkeit und Vertrauen. (...)
Lassen wir uns also vom antiken und kollektiven Freundschaftskonzept inspirieren. Haben wir Mut,
unser Ego ein wenig zu riskieren und wir werden sehen, wie viel wir alle dadurch gewinnen.

 

 

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